Erste internationale Rheydter Lichter

Im Sommer 2020 erleuchteten ungewöhnliche Installationen die abendliche Rheydter Innenstadt: Die Mönchengladbacher Künstlerin Christiane Behr schuf in ihrer künstlerischen Intervention Internationale Rheydter Lichter gemeinsam mit teilnehmenden Bewohner:innen temporäre Installationen durch den gezielten Einsatz tragbarer Lichtquellen und dem sich alle 14 Tage im Stadtraum auftürmenden Verpackungsabfällen. Anlass zu dieser ungewöhnlichen Aktion bietet das Projekt Rheydter Resonanzen der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft, welches in Zusammenarbeit mit Kulturschaffenden und Künstler:innen Möglichkeitsräume für kulturelle Teilhabe und Partizipation in Mönchengladbach-Rheydt gestaltet. Im Kontext dieses Projektes entwickelte Behr die Vision zur künstlerischen Aktion und Intervention Internationale Rheydter Lichter. Innerhalb ihres Vorhabens verknüpft sich der Gedanke der Materialtransformation unmittelbar mit der Beteiligung von Rezipientinnen und Rezipienten am Entstehungsprozess des Werkes: Im performativen, kollaborativen Akt entstehen während der Aktionen aus Abfall und Müllsäcken der Bewohner:innen des Stadtteil Rheydts Lichtinstallationen mitten im urbanen Raum. Diese temporären Installationen setzten die regelmäßig das Stadtbild prägenden Anhäufungen von Müllsäcken in ein sprichwörtliches anderes Licht; sie ästhetisieren die alltäglichen Objekte in ihrer Form und Transluzenz.

Gleichzeitig verweist die Künstlerin damit auf das Material und seine Eigenschaften und sensibilisiert zudem für die anhaltende Müllproblematik in Städten. In Ermangelung nachhaltiger Lösungen für den Wiedergebrauch von Verpackungsmaterialien und als Reaktion auf die damit einhergehende Verschwendung wertvoller Rohstoffe, wird Abfall kurzerhand zur Kunst mit skulpturalen Charakter erklärt. Abfälle, Materialien, die aus ihrem ursprünglichen Gebrauchszustand gefallen sind, lassen sich nicht von ihren Produzentinnen und Produzenten trennen: Gesellschaften materialisieren sich in ihnen und der ihnen eingeschriebenen Kette aus Produktion, Konsumtion und Ausscheidung. Die Grenze zwischen Kunst und Nicht-Kunst, Produzenten und Produzentinnen sowie Konsumenten und Konsumentinnen verschiebt sich in der künstlerischen Aktion. Der hierbei alle Akteure und Akteurinnen miteinander verwebende Stoff ist das Licht, welches zwar immateriell, aber dennoch wirkungsstark, die Verbindung zwischen Körpern, Objekten und ihren Zwischenräumen bildet. Partizipation an der Werkproduktion, egal ob wissentlich in Co-Produktion als bewusste:r Akteur:in oder unwissentlich, da des künstlerischen Eingriffs unbewusst, manifestiert sich in der das gesamte Projekt umspannenden künstlerischen Absicht: In der formalen und gestischen Transformation des Materials überlässt Christiane Behr die Deutungshoheit über das Werk schließlich den Betrachtenden, bietet Raum zur Modulation menschlicher Sehgewohnheiten und Denkens.